Weissbuch 2 mit Erkenntnissen aus der Testplanung

Als Fortsetzung vom Weissbuch 1 beinhaltet das Weissbuch 2 die Erkenntnisse aus der Testplanung «Limmattaler Energiezentrum». Damit will Limeco herausfinden, wie der Standort in Dietikon mit Zeithorizont 2050 sinnvoll entwickelt werden kann.

250 Echos auf die Testplanung

2022 führte Limeco eine Testplanung durch, um bestmögliche Lösungen für ihre Grundstücke am Standort Dietikon aufzuzeigen. Die Aufgabe der Teams bestand darin, eine Vielzahl von Puzzlesteinen mit technischen und zeitlichen Abhängigkeiten so zu platzieren, dass die Rahmenbedingungen und Anforderungen des Betriebs und der unterschiedlichen Interessensgruppen erfüllt sind. Die Interessensgruppen sind: Trägergemeinden von Limeco, Nachbarn wie IG Silbern, BirdLife stellvertretend für den Natur- und Tierschutz, Mitarbeitende von Limeco, Baudirektion des Kantons Zürich, Vertretungen aus Politik und Wirtschaft sowie die Menschen im Limmattal.

Dialog mit Bevölkerung

Limeco suchte den Dialog in einer öffentlichen Ausstellung in Dietikon im Januar 2023: Was halten die Menschen im Limmattal von den Erkenntnissen aus der Testplanung? Mit einem Briefkastenwurf wurden alle Bewohnerinnen und Bewohner der acht Trägergemeinden eingeladen. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung konnten ihre Meinungen, Haltungen und Fragen transparent platzieren.

Alle Echos wurden digitalisiert, systematisch erfasst und analysiert. Dabei wurde herausgeschält, welche Aspekte eher positiv und welche eher kritisch gesehen werden und wo interessante neue Inputs geäussert wurden. Das Extrakt aus rund 250 Echos floss in die Synthese ein.

Berücksichtigung in der Synthese

Positive Echos

Die Einbettung von Limeco in die Dietiker Quartiere Silbern und Lerzen mit einem öffentlichen Platz findet breiten Anklang, ebenso die Idee eines Besucherzentrums oder eines Lehrpfads. So werden KVA und ARA sicht- und erlebbar gemacht. Beides stärkt die Nähe von Limeco zur Öffentlichkeit, für die das Unternehmen tätig ist. Die Begrünung der Anlagen gefällt der Bevölkerung, den Trägergemeinden und den Mitarbeitenden von Limeco, ebenso die Idee der Höhenstaffelung als Übergang vom Quartier zur Anlage und zur Natur. Das Interesse ist gross, Erweiterung und Ersatzneubau von ARA und KVA mit einem Zeithorizont von mehreren Jahrzehnten modular zu entwickeln und zu erweitern, um auf zukünftige Bedürfnisse reagieren zu können. Generell wurden das transparente Vorgehen von Limeco geschätzt, die vier ausgearbeiteten, gleichwertigen Perspektiven sowie die Möglichkeit der Partizipation.

Kritische Stimmen

Die Bedenken bezüglich Gebäudevolumen und -höhen beziehen sich auf das Landschaftsbild, das durch die Anlagen beeinflusst wird. Dies beschäftigt insbesondere die Bevölkerung. Bei den Mitarbeitenden von Limeco ist die Sicherheit ein relevantes Thema: Trotz willkommener Nähe zur Öffentlichkeit in Form von Besucherzentrum, Lehrpfad und Überquerung bzw. Nutzung der Dachflächen soll der zuverlässige und reibungslose Betrieb der Anlagen im Vordergrund stehen. In Zusammenhang mit der Begrünung und öffentlichen Attraktionen legen die Bevölkerung und die Trägergemeinden Wert auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Neben vereinzelten Befürchtungen über ein erhöhtes Verkehrsaufkommen im Quartier ist es ein Anliegen, den Betriebsverkehr vom Publikumsverkehr auf dem Areal zu trennen, um die Verkehrssicherheit nicht zu beeinträchtigen.

Weitere Inputs

In den Echoräumen wurden neben der Begutachtung der Synthese auch viele neue Inputs an Limeco herangetragen. In Kombination mit einem städtischen Platz sticht der Wunsch nach einem Restaurant oder Café heraus. Auf dem Gebäude könnte eine Aussichtsplattform errichtet werden. Die Begrünung der Dachflächen soll sich auf die Seitenwände erstrecken. Alle fünf Fassaden sollen nicht nur begrünt, sondern auch mit Photovoltaik energetisch nutzbar gemacht werden.

3 Bilder mit Sicht auf die Reppisch

Visualisierung von Projekten der Testplanung aus östlicher Sicht von der Reppisch

Synthesebericht

Die drei Teams zeigten, wie neue, betriebsoptimierte Kehrichtverwertungs- und Abwasserreinigungsanlagen entstehen können, die gleichzeitig Mehrwerte für Natur und Mensch schaffen. Die wichtigsten Erkenntnisse, an denen sich die Entwicklung der zukünftigen Anlagen orientieren soll, lassen sich in vier Themen zusammenfassen:

Die Mehrwerte aller drei Teams wurden vom Beurteilungsgremium in einem Synthesebericht zusammengeführt und ergänzt bzw. geschärft durch die Echos an den Dialogveranstaltungen.

Christoph Rothenhöfer, Projektleiter der Testplanung

Volumina und Höhen

Die Volumenstaffelung ist mit einer ansteigenden Gebäudehöhe von Reppisch/Limmat her zum Siedlungsgebiet hin vorzusehen. Damit einher gehen die Platzierung des Bunkers der KVA im Norden und eine Ausrichtung der Verbrennungslinie von Nordost nach Südwest. Diese Höhenentwicklung in Richtung Stadt und Quartier unterstreicht einen möglichst fliessenden Übergang vom Naturraum zum Siedlungsraum. Die ARA-Becken sollen als Abstufung gegenüber Reppisch/Limmat und Naturschutzgebiet als eine überdachte, begehbare und begrünte L-förmige Sockelterrasse ausgebildet werden. Diese Sockelterrasse entwickelt sich zur Anlage hin und umschliesst diese im Norden und Osten. Damit ergibt sich eine parallele Anordnung von KVA und ARA.

Die zukünftigen Anlagen sollen sich bestmöglich in die Umgebung einbetten. Bei den Volumina und Höhen sind sowohl die Menschen zu berücksichtigen, die in der Nachbarschaft arbeiten und wohnen, als auch die Anforderungen des Natur- und Vogelschutzes. Eine Einteilung der Baukörper in Sockelbereich, Hauptkörper und Dachkrone als architektonischer Ausdruck ist gewünscht. Daraus ergibt sich eine Hügelform mit gebrochenen Silhouetten. Um die Höhe der Anlage zu reduzieren, soll geprüft werden, wie Anlageteile massvoll im Baugrund geplant werden können.

Architektin Erika Fries, Mitglied des Beurteilungsgremiums

Fassaden

Die Fassaden sollen dem Konzept der drei Schichten folgen, mit gradueller Auflösung in die Höhe hin zu transparenten Materialien. Ausserdem sollen sie zu ihrem jeweiligen Gegenüber (Natur, Stadtraum) Bezug nehmen und überall gleich hohe Qualitäten aufweisen. Das gilt ebenso für die Dächer: Als fünfte Fassade sollen sie als visuell attraktive, teils begehbare Landschaft gestaltet werden, auch weil sie von den umliegenden Hängen des Limmattals sichtbar ist. Die Fassaden sind mit möglichst natürlichen und zirkulären Materialien auszubilden und vogelverträglich zu gestalten. Begehbar sollen auch die überdachten Becken der ARA sein. Als grüne Sockelterrasse dienen sie einerseits als Übergang zum Naturschutzgebiet, andererseits als natürliche Barriere.

Architekt Kees Christiaanse, Mitglied des Beurteilungsgremiums

Verkehr und Logistik

Der Betriebsverkehr läuft getrennt vom öffentlichen Verkehr ausserhalb der Anlage, damit sich möglichst kein Rückstau im öffentlichen Raum bildet und keine Konflikte zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden entstehen. Die Verkehrsströme innerhalb des Areals fliessen grundsätzlich im Kreis- und Einbahnverkehr. Die Längsverbindung vom Quartier zur Limmat ist für Velo- und Fussverkehr zu gewährleisten, ebenso wie die Querverbindung für den Fussverkehr (heutiger Reservatweg). Es besteht die Absicht, den Verkehr möglichst auf die Schiene zu verlagern.

Landschaftsarchitekt Maurus Schifferli, Mitglied des Beurteilungsgremiums

Einbettung und Öffentlichkeit

Vor der zukünftigen KVA soll ein neuer städtischer Platz entstehen, der sich an den öffentlichen Dietiker Raum anschliesst und eine klare Adresse zur Stadt hin bildet – in angemessener Grösse und mit hoher Aufenthaltsqualität. Die publikumsorientierten Nutzungen wie Recyclinghof, Verwaltung und Besucherzentrum sollen dort platziert werden. Der Weg entlang der Reppisch und der Reservatweg sind öffentlich und sollen als direkte Verbindung sichergestellt sein. Vom Weg aus könnten Einblicke in die Funktionalität und den Aufbau der neuen Anlagen gewährt werden, ohne die Sicherheit zu gefährden.